Es ist also klar: Das Büro bleibt. Zumindest wenn wir nach den Meinungen der Panelteilnehmer beim vitra summit 2020 gehen. „Will we miss the office if it disappears?“, diese Frage wurde im Rahmen einer Paneldiskussion aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert (Esther Perel, Gianpero Petriglieri, Gary Turnbull, Mateo Kries).

Und – nein – wir werden das Büro nicht vermissen, denn es wird nicht verschwinden. Wir werden ins Büro gehen, um Menschen zu treffen, um gesehen zu werden und andere zu sehen, um zu spüren, wovon wir Teil sind. Wir werden Ideen entwickeln und austauschen, kreativ und innovativ sein. Produktivität wird eher im homeoffice stattfinden. Die gute Nachricht also, wir werden weiterhin beides haben. Die Herausforderung: Es gilt die Natur der anstehenden Tätigkeiten zu unterscheiden: Geht es um die Lösung komplexer Probleme, die wir mit Ideen und damit vielleicht auch im Austausch mit anderen besser lösen können? Oder steht die effiziente Abwicklung von standardisierten Problemen im Vordergrund? Der Raum kann uns dabei unterstützen, den Problemen in ihrer jeweiligen Form gerecht zu werden.

RAUM fördert VERHALTEN

Unabhängig davon, ob du einen Raum schön findest oder die Einrichtung nicht so sehr deinem Geschmack entspricht, spricht der Raum zu dir. Er lädt dich ein, etwas zu tun. Schau die Räume im Text mal an. Wozu laden sie dich ein? Was wollen die Räume von dir? Was macht der Raum möglich, was verhindert er?

Wenn wir Räume planen, dann geht es immer darum, gewünschtes Verhalten zu ermöglichen und zu fördern. Das klingt erstmal pädagogisch, ist aber der Beobachtung geschuldet, dass Verhalten kontextabhängig ist. Warum dann also diesen Zusammenhang nicht nutzen?

Räume, die kreative Prozesse fördern sehen anders aus, als solche, in denen konzentrierte Still- und Einzelarbeit gut funktioniert. Der ideale Arbeitsort besteht aus Zonen und Inseln, die all das ermöglichen, was von dir bei der Arbeit gefordert ist. Du bist ja nicht nur in einer einzigen Rolle oder in einem einzigen Modus unterwegs.

Wichtig ist, dass es eine Klarheit darüber gibt, was in den Räumen stattfinden soll. Es gibt also vor der Bau- und der Innenraumplanung einen Prozess, in dem wir im Team mit den Kunden entwickeln, welche Arten von Tätigkeiten und Kommunikation die Arbeit aktuell prägen und in welche Richtung eine Entwicklung angestrebt ist.

RAUMGESTALTUNG braucht INFORMATIONEN und AUSTAUSCH

Unsere Partnerin Rahel Milla ist Psychologin, Coach und User Experience Researcher (milla-coaching.de).

Sie hat die Erfahrung gemacht, dass eine gute Datengrundlage und co-kreative Prozesse mit Kunden zu besseren Produkten führen.

Klassischerweise wird Customer Experience Research in der Produktentwicklung angewendet. Dabei geht es meist um Produkte, die vielen verschiedenen Kunden gefallen sollen. Es werden also Interviews mit beispielhaften Kunden geführt, die für die Gruppe stehen, die man mit dem Produkt ansprechen will. Wichtige Informationen gewinnen wir auch aus Interviews mit Nicht-Kunden. Wenn wir Customer Experience Research im Zusammenhang mit Raumentwicklung machen, dann führen wir idealerweise Interviews mit Vertretern aus jeder Arbeitsrolle, wir achten auf demografische Verteilung, wir wollen verstehen, wie ihr Arbeitsalltag aussieht. Was sind deine Herausforderungen, woran arbeitest du? Wie arbeitest du mit anderen zusammen? Das Interviewmaterial fassen wir dann in Personas zusammen. So haben wir eine verlässliche und aussagekräftige empirische Datengrundlage, darüber, was die Kernbedürfnisse und Kernschmerzpunkte sind. Wir möchten auch wissen, was die Leute, die in den neuen Räumen arbeiten ausmacht. Dazu nutzen wir nicht nur Interviews sondern auch strukturierte Beobachtungen. Wir interessieren uns dabei dafür, wie sich die Leute im Raum bewegen, wo findet Begegnung statt, wie lange hält man sich hier oder da auf? In der Researchphase geht es darum, in strukturierter Form möglichst viele Informationen zu sammeln. Danach wollen wir herausfiltern, was das relevanteste Problem ist, das wir mit den neuen Räumen lösen wollen. Hier nutzen wir viele Kreatitivätsmethoden aus dem Design Thinking, z.B. „How might we“-Fragen oder die Ausarbeitung von „Who-need-barrier“-Kombinationen. In der Ideen- und Lösungsphase öffnen wir den Prozess dann wieder, um in einem Co-Kreativprozess mit dem Kunden viele Ideen zu entwickeln und zu einem ersten Grobkonzept der Räume zu kommen.

Dieses Grobkonzept testen wir dann mit Nutzern, mit denen wir noch nicht gesprochen haben. In einer 3D Animation und mit VR-Technologie können wir den Raum in einer ersten Annäherung erfahrbar machen und uns Feedback einholen. Außerdem können wir sehen, wie Bewegung in diesem Raum stattfindet. Mit diesen Erkenntnissen gehen wir dann in die weitere Entwicklung der Räume. Architekten und Innenarchitekten sind idealerweise von Anfang des Researchprozesses an dabei, kommen aber spätestens hier ins Spiel.

Für den Architekt und Szenograf Thomas Rustemeyer (studiorustemeyer.com) sind Räume in erster Linie soziale Räume und die Entwicklung der Räume ein sozialer Prozess.

Ich habe Architektur studiert in einer Zeit, in der es eine gewisse Planungsskepsis gab, wo Methoden von Design Thinking aufkamen. Man hat gemerkt, dass soziale Aneignungsprozesse eine wichtige Rolle spielen, der Begriff der Partizipation ist wieder aufgeflammt. Das hat mich geprägt und das ist mir als Person auch sehr nah, das macht mir Spaß und ich sehe da auch einen großen Sinn drin, die Perspektive der Nutzerin einzunehmen und eher in Prozessen zu denken und in Formen der Kooperation. Nicht so sehr in räumlichen Setzungen. Die Idee, die dahinter steckt ist, dass man als Gestalterin nicht mehr alles vorgibt oder vorschreibt, wie man etwas zu benutzen hat, sondern dass man offene Räume kreiert, die sich Nutzerinnen aneignen. Wir erreichen das durch eine große Flexibilität und eine Vieldeutigkeit der Räume und Raumelemente. Wir schaffen eigentlich Möglichkeiten.

Wenn Du interaktive Ausstellungen planst, dann soll der Raum ja im besten Fall auch die Menschen einladen, etwas bestimmtes zu tun. Wie gehst du da vor?

Ich sehe Ausstellungen als soziale Räume. Ausstellungen haben ja den Vorteil, dass man da gemeinsam reingehen kann, dass man sich da zusammen was anschauen kann oder was machen kann. Das sind soziale Orte und das wird häufig gar nicht so betrachtet. Und nicht nur die Ausstellung selbst ist ein sozialer Ort, sondern auch das Ausstellung Machen ist ein sozialer Ort oder Prozess. Und die Frage, wer trifft überhaupt die Entscheidung, was in eine Ausstellung kommt und wer bestimmt die Bedeutung von Objekten. Auch das könnte ein sozialer Prozess sein. Daran bin ich auch sehr interessiert, den Prozess des Ausstellung Machens zu einem sozialen Prozess zu machen.

Ich glaube außerdem, dass in Ausstellungsräumen das Verhalten sehr determiniert ist, es gibt Codes, wie man sich zu verhalten hat. Und diese Codes aufzubrechen ist extrem schwierig. Zum Beispiel gibt es den Code, dass man nichts anfassen darf oder dass man leise sein muss. Ich möchte da gerne eine andere Herangehensweise anbieten. Um Dinge zu verstehen oder eine andere Haltung zu einem Thema zu entwickeln braucht es ja vielleicht Erfahrungen und das Anfassen zum Begreifen der Dinge. Auch die Körperhaltung spielt für mich hier eine wichtige Rolle. Wenn ich einen Text im Stehen lese, bin ich in einer eher distanzierten Haltung zum Text. Und es gibt ja ganz andere Körperhaltungen, die dem eher entsprechen würden. Es gibt aber eine starke Konvention, Ausstellungen mit Saaltexten zu ergänzen. Ich versuche in meiner Arbeit neue Formen zu entwickeln, die Ausstellung zu einem Ort zu machen, an dem man ins Gespräch kommt oder diskutieren kann, nicht nur etwas abbildet, sondern auch etwas produzieren kann, also auch einen Produktionsort zu schaffen.“

VERÄNDERUNGSBEGLEITUNG von Anfang an

Oft ist mit dem Umzug in neue Räume ja auch eine Veränderung verbunden, die über den reinen Umzug hinausgeht. Beispielsweise der Wechsel von eher kleinen Büros in Großraumsettings oder von Abteilungsorientierung hin zu multifunktionalen Teams. Da verändert sich nicht nur der Raum, sondern die gesamte Art der Kommunikation und Zusammenarbeit. Im Gegensatz zur Raumplanung, sind diese Veränderungsprozesse nur bedingt planbar und die Dynamik entfaltet sich erst nach dem Bezug der neuen Räume. Eine Begleitung durch erfahrene Berater kann hilfreich sein, um vorbereitende Prozesse zu steuern, die Zusammenarbeit nach dem Umzug zügig in die richtigen Bahnen zu lenken und das Potenzial der Räume optimal zu nutzen. Schließlich sind neue Räume oder gar der Umzug in ein neues Gebäude eine mächtige Investition, die sich auch betriebswirtschaftlich rechnen soll.

Tina Dieterich von Piri-Piri Consulting beschreibt unseren Ansatz so:

Wir als Begleiter des Veränderungsprozesses sind von Anfang an dabei. Wir begleiten die Erarbeitung der Anforderungen an den Raum, die Entwicklung des Designs und natürlich den Einzug in die neuen Räume, sowie das nachhaltige Ankommen. Dabei ist es uns besonders wichtig, in jeder Phase Feedbackschleifen einzurichten, die die Passgenauigkeit des aktuellen Entwicklungsstands mit den Anforderungen abgleichen und bei Bedarf Anpassungen möglich machen. Grundsätzliches Ziel der Veränderungsbegleitung ist es, einen guten Übergang zwischen der alten und der neuen Arbeitsumgebung zu schaffen und die Interaktion mit dem neuen Raum zielgerichtet zu steuern. Wir wollen, dass jeder gut vorbereitet ist, sich in dem neuen Raum wohl fühlt und der Raum jeden in seinen vielfältigen Arbeitsrollen und Tätigkeiten unterstützt. Wir arbeiten dabei mit einem mehrphasigen Konzept, das in jeder Phase eine Beteiligung des Kundenteams und eine enge Zusammenarbeit den Experten für Design und Bau vorsieht. Die Entwicklung wird dabei von einem Steuerungsteam gelenkt und durch Feedbackschleifen kontinuierlich evaluiert, so dass am Ende durch die Nutzung der neuen Räume ein nachhaltiger Mehrwert entsteht.“